“Radical Welcome” Diskussionsforum

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Auch interessant: Der Artikel von Hannah über das Buch Radical Welcome: “Was ist so radikal an der Gastfreundschaft in der Kirche?”

Was ist so radikal an der Gastfreundschaft in der Kirche?

Unser Kirchenrat befasst sich z.Zt. mit einem Buch von Stephanie Spellers. Spellers ist eine ehemalige theologische Journalistin und Angehörige der Lutherischen Kirche, die nun Priesterin in der Amerikanischen Episkopalkirche ist. So heißt die Anglikanische Kirche in den USA. Das Buch heißt grob übersetzt: Radikale Gastfreundschaft – Gott, die Anderen und den Geist der Veränderung begrüßen.

Als Gemeinde, die sich schon seit mehr als 100 Jahren noch viel älterer Traditionen erfreut, sollten wir uns fragen, ob neben der Beibehaltung der besten dieser Traditionen Gott vielleicht auch Veränderungen von uns erwartet, um seinen Geist in den Anderen zu verspüren, die uns heutzutage über den Weg laufen.

Durch Zitate aus vielen Bibelstellen, Liedtexten und literarischen Werken und durch die hautnahen Lebenserfahrungen von acht amerikanischen Gemeinden verschiedener Zusammenstellungen, wie auch durch ihre eigenen Erfahrungen als schwarze Frau, die in vielen Kirchenkreisen zur Minderheit gehörte, erinnert uns die Autorin daran, dass Gottes Gastfreundlichkeit viel weitgehender ist, als wir sie gewöhnlich beschreiben.

Jesus heißt uns, auf den Seitenstraßen zu gehen und Gäste in seine, nicht unsere, Feierstunde einzuladen. Wir müssen darauf vertrauen, dass uns gerade diejenigen Gäste auf unseren Lebenswegen entgegenkommen, die er dabei haben will. Aber wir dürfen diese seine Gäste nicht von ihrem Äußeren oder von ihrer “Andersartigkeit” her beurteilen. Und wir dürfen auch nicht erwarten, dass diese Gäste sich uns anpassen. Wir sollen viel mehr tun, als sie aus Gründen der politischen Korrektheit zu ‘akzpetieren’. Stattdessen sollen wir bereit sein, auch durch ihre Erfahrungen näher zu Gott zu kommen und gemeinsam mit ihnen weiter im Glauben zu wachsen. Wir sollen ihnen auch ermöglichen, innerhalb der Gemeindestruktur führend zu sein und im gleichen Schritt und Tritt mit denen zu gehen, die schon immer das Sagen hatten.

Da der himmlische Vater tief in uns hineinschaut und trotz allem uns umarmt und als seine Kinder herzlich annimmt, können wir nichts Anderes tun, als voller Freude und Erleichterung in die Welt hinauszulaufen und diese warme Gastfreundlichkeit mit anderen zu teilen.

In der Bibel finden wir jede Menge Hinweise, wie wir uns Anderen zu widmen haben. Zum Beispiel werden im 5. Buch Mose die Israeliten daran erinnert, dass sie auch einmal Fremde in einem fremden Land waren und dass sie deshalb auch die Fremden lieben sollen (Kap. 10, 16-17). Wir als Kinder Gottes werden wiederholt ermahnt, den Anderen Gastfreundlichkeit und Gerechtigkeit anzubieten. Laut Jesaja gehört dazu auch, die Hungernden zu speisen, die Nackten zu bekleiden und die Obdachlosen ins Haus einzuladen (Jesaja 58, 6-7). Im 2. Kapitel, in den Versen 14-16, schreibt der Apostel Paulus an die Epheser: Christus ist es, der uns allen den Frieden gebracht und Juden und Nichtjuden zu einem einzigen Volk verbunden hat. Er hat die Mauer eingerissen, die die beiden trennte. Denn durch sein Sterben hat er das jüdische Gesetz mit seinen zur Trennung führenden Vorschriften beseitigt. Er hat die getrennten Teile der Menschheit mit sich verbunden und daraus einen neuen Menschen geschaffen. Durch seinen Tod am Kreuz hat er die beiden – als in einem Leib, der Gemeinde, vereinigt – zur Aussöhnung mit Gott gebracht.

Gott freut sich, wenn auch wir unsere Trennmauern der Beschränktheit, des Misstrauens und der Ablehnung einreißen und in fester Verbundenheit mit den Anderen als Kinder seiner erweiterten Familie vor ihn treten. Es ist erforderlich, dass “Wir”, die in der Kirche vielleicht zur Mehrheit gehören und das Sagen haben, uns ernsthaft fragen, wer nicht dabei ist und wen wir bewusst oder unbewusst ausgrenzen. Wir müssen uns die schwierigen Fragen um Macht und Machtlosigkeit stellen. Wenn wir uns überlegen, wer sonntags am ehesten zur Kirche kommt und wochentags manche freiwillige Dienste annimmt, sollten wir uns fragen, ob es überwiegend Menschen aus intakten Familien mit guter Gesundheit und guten Arbeitsstellen sind, die auch die richtige Zahl an gesunden, gutgekleideten Kindern haben. Wie offen sind wir für diejenigen, die aus verschiedenen Gründen nicht zur Kirche kommen und die wir deswegen übersehen? Wenn jemand, der öfters, ohne dass wir es wissen, ein Familienmitglied im Gefängnis, in einer Anstalt oder in einem Alten- oder Behindertenheim besucht, es hin und wieder einmal zur Kirche schafft, stehen wir uns in unseren Cliquen oder widmen wir uns diesen Menschen? Wieviel mehr haben diese Menschen von Jesu Barmherzigkeit gelernt als wir, die (zum Glück) solche Orte nicht kennen? Wie viel können uns diese Menschen an Gottvertrauen lehren, wenn wir radikal aus unseren Kreisen treten und ihnen entgegenkommen, nicht nur am Sonntagmorgen, sondern auch, indem wir unter der Woche mit ihnen Kontakt aufnehmen.

Denken wir an und beten wir für diejenigen, die nicht im Gottesdienst sind, weil sie nur der kleinste Geruch von Parfüm, Haarspray oder Autoabgasen in Atemnot bringt und sie deshalb nicht aus dem eigenen Haus treten dürfen? Wissen wir überhaupt, ob jemand in der Gemeinde an komplexen Autoimmunkrankheiten leidet, wie z.B. am Chronischen Erschöpfungssyndrom (ME/CFS), und deswegen auch ans Haus gebunden ist? In der Stille und Abgeschiedenheit ihres Lebens haben diese Menschen oft viel tiefere Gepräche mit Gott als wir, die gesund sind. Wieviel könnten wir von ihnen lernen, wenn wir Wege und Mittel suchten, um mit ihnen in Gemeinschaft zu treten, anstatt sie einfach auf die Liste der “fehlenden” Gemeindeglieder zu setzen.

Wer zu Hause ein Kind mit Verhaltensstörungen hat, einen depressiven Vater, der schon öfters versucht hat, sich das Leben zu nehmen, oder eine Mutter, die sich aus ihrem Rausch erst ausschlafen muss, kommt auch nicht regelmäßig zum Gottesdienst, obwohl er oder sie vielleicht durch Taufe, Konfirmation oder bewusste Entscheidung Mitglied dieser Gemeinde ist. Inwiefern lassen wir diese Glaubensgeschwister in Vergessenheit geraten?

Spellers erinnert uns daran, radikal nach Jesu Beispiel alle Menschen seine Gastfreundschaft spüren zu lassen, ob es die Hungernden und Obdachlosen sind, die Verwitweten, die alleinerziehenden Eltern, die Kinderlosen, die Unverheirateten, die Eingeheirateten, besonders die, die aus anderen ethnischen oder kulturellen Kreisen kommen, die Alternden, die Studenten, jene, die aus anderen sozialen Schichten stammen, einfach alle Menschen, die in unserer Mitte am Rande stehen.

Wie gut würde es jemandem tun, neben sonntäglichen Gottesdiensten hier bei uns Oasen der Nächstenliebe zu entdecken, in denen man ihn oder sie für ernst nimmt und annimmt. Jeder, dessen Lebensweg aus irgendeinem Grund nicht die “Standardstufen” von Schulabschluss, Verlobung, Hochzeit, Taufe, Konfirmation, Ruhestand, Hochzeitsjubiläum enthält, hat dennoch mit Sicherheit andere innere Abenteuer erlebt, ist einen anderen Lebensweg mit Gott gegangen, und kann unseren Gemeinde- und Glaubensweg bereichern.

Wir müssen dafür sorgen, dass niemand in der Gemeinde glaubt, er oder sie müsste einen Aspekt seines Lebens vor dem Rest der Kirchengemeinde verbergen, sei es ein langfristiger Krankenurlaub, ein Betriebsunfall, eine Kündigung, eine Zwangsräumung oder ein Bankrott. Niemand sollte befürchten müssen, dass andere aus der Gemeinde ihn als weniger wertvoll in Gottes Augen sehen. Menschen, die trauern, die von ihren Pflegeaufgaben erschöpft sind, die alles hinterfragen, wenn ihnen ihr Kind klarmacht, von einer anderen sexuellen Orientierung zu sein, alle diese Menschen sollten innerhalb der Gemeinde einen Platz und Menschen finden, mit denen sie ihre Last teilen können. Als die Familienmitglieder eines gütigen Gottes hier auf Erden können wir nicht einfach diesen Menschen sagen, sie sollen ihre eigenen Selbsthilfegruppen organisieren, denn solche Strukturen sollten vorhanden sein, wenn der Bedarf da ist. Je weiter wir uns ihren Perspektiven und Nöten zuwenden, desto mehr verstehen wir die Höhe, Breite und Tiefe der Liebe Gottes.
Anstatt uns davor zu fürchten, dass diese Diskussion zum Thema “radical welcome“ bedeuten könnte, dass irgendwelche „Anderen“ uns “unsere Kirche” wegnehmen könnten, sollten wir uns vielmehr darüber Gedanken machen, was es wirklich heißt, wenn wir jeden Sonntag beten “Herr, Dein Reich komme, Dein Wille geschehe”.

Gemeinsam sollten wir für und mit unserem Kirchenrat und anderen leitenden Personen beten, während sie Textstellen wie die folgende bedenken: “Je mehr wir neue Perspektiven und Stimmen völlig in unser Leben miteinbeziehen, desto größer und reichhaltiger unser Wissen über die Welt und über Gott und desto reicher unser Selbstbild als der Leib Christi. Gemeinden, die auf radikale Weise Gottes Gastfreundlichkeit anbieten, bejahen die neuen Möglichkeiten der Begegnung mit Gott mit und durch andere Menschen, auch wenn die Begegnung mit dem fremden Anderen uns zwingt, etwas von unserem Selbstbild verändern zu lassen. Wir sollten öfter etwas Radikales wagen und Menschen, die am Rande stehen, näher kommen. Der erste Schritt könnte eine Einladung zu einer Tasse Kaffee sein. Danach könnte es ein gemeinsames Gebet geben, mit der Bitte, Gott möge uns den nächsten Schritt zeigen.” Lassen Sie uns offen sein für die Überraschungen, die unser all-liebender Gott mit uns vor hat.

Hannah Noerenberg

Ein Garten für alle

Ich freue mich, dass unser Kirchenrat ein Gartenprojekt genehmigt hat. Dieses Projekt, das für Gemeindeglieder und Nachbarn Orte der Schönheit, Stärkung (leiblich und seelisch) und Begegnung schaffen möchte, wird unterstützt vom Social Justice Committee und der Familie Lotz. Bitte besuchen Sie die englische Seite, um mehr über dieses Projekt zu erfahren und auch Zeichnungen und Pläne einzusehen.

Eier und Hühner

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Schnee!

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voices in the wilderness

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